Meine Direktkandidatur für den Wahlkreis Hochtaunus

Am 28. November 2024 kandidiere ich bei der Wahlkreisversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für das Direktmandat zur Bundestagswahl 2025 im Wahlkreis 175 (Hochtaunus/Oberlahn).

Meine Bewerbungsrede bei der Wahlkreisversammlung:

Liebe Freundinnen und Freunde,

in schwierigen Zeiten steht die nun vorgezogene Bundestagswahl 2025 an. Demokratien stehen weltweit unter Beschuss. Und was wir noch vor wenigen Jahren für unvorstellbar gehalten hatten, seit dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine herrscht auch in Europa wieder Krieg. In der Ukraine wird, ganz real und unter unsäglichem Verlust von Menschenleben, nicht nur die eigene Souveränität, sondern auch die Freiheit und die Demokratie in ganz Europa verteidigt, auch unser aller Freiheit. Aber es gibt auch eine zweite Front, die unsere Demokratien von Innen untergraben soll – einige Reden sogar schon von hybrider Kriegsführung Putins. Es geht um direkte Eingriffe in demokratische Wahlen, wie in der Republik Moldau und Georgien, es geht um Abgeordnete des deutschen Bundestags und im europäischen Parlament die Gelder aus Moskau erhalten, es geht um den gezielten Einsatz von Migranten als Waffe an den EU-Ostgrenzen und es geht um Desinformationskampagnen in den Sozialen Medien, die womöglich den kürzlichen Wahlausgang in den USA genauso beeinflusst haben, wie sie das schon nachweislich bei Trumps erster Wahl und der Brexit-Abstimmung getan haben.

Doch was hat das alles mit den GRÜNEN und unserem Programm zu tun? Ich glaube „alles“! Denn das Erstarken populistischer Parteien erschwert die Mehrheitsfindungen zusehends. Das können wir nach den Landtagswahlen in den neuen Bundesländern live mitverfolgen. Und Unabhängigkeit von Mehrheiten leidet die Akzeptanz in der Bevölkerung für wichtige Maßnahmen gegen die Erderwärmung, wenn nicht nur Klimawandel-Leugner ihren wissenschaftlich längst widerlegten Unsinn von sich geben, sondern von etablierten Parteien der akute Handlungsdruck geleugnet wird und dies vollkommen undifferenziert in die Breite getragen wird. Wenn über Geflüchtete als Problem berichtet wird, anstatt die Fluchtursachen wie eben Kriege, Klimakatastrophen und Ausbeutung als die eigentlichen Problem zu benennen.

Liebe Freundinnen und Freunde, wir haben die Lösungsideen und ich glaube auch die richtigen Ideen und einige davon konnten wir selbst in der Ampel anstoßen: den Ausbau der erneuerbaren Energien, Bürokratieentlastung, Einführung des Bürgergelds, neues Staatsbürgerschaftsrecht, ja auch das völlig zu Unrecht so viel kritisierte Gebäudeenergiegesetz. Andere wollten wir umsetzen, konnten wir aber nicht: die Kindergrundsicherung, das Klimageld die Reform der Schuldenbremse und so viele weitere. Denn auch 3 Jahre einer noch so guten Koalition können nicht den Stillstand der Jahre davor heilen.

Deswegen kann es für uns nur heißen uns darauf zu besinnen, was wir erreichen wollen: Wir wollen die Menschen und ihre Freiheit schützen, wir wollen den Wohlstand in Deutschland erhalten und wir wollen eine lebenswerte Welt für unsere Kinder.

Und all das findet sich in unseren Programmen wieder, deswegen finde ich es manchmal echt absurd, wenn uns unterstellt wird, wir machen Politik nur nach Parteibuch oder für Ideologie, wenn doch genau das langfristige Interesse der Menschen unsere Ideologie ist. Wenn wir den Auftrag an die politischen Parteien ernst nehmen und nicht nur populistisch daher reden, sondern an die tatsächliche Zukunft denken und handeln – weit über Legislaturperioden hinaus. Und wenn diese Vorwürfe ausgerechnet aus den Reihen derer kommen,

  • die Technologieneutralität predigen, aber Klientel-Politik machen,
  • die sich christlich nennen aber in Krisen selbst bereichern,
  • die sich Alternative nennen aber auch nur Nazis sind.

Aber es reicht eben nicht, nur die richtigen Konzepte und die richtigen Lösungen zu haben, wir müssen sie auch umsetzen können. Dazu gehören starke Grüne, damit wir unsere Positionen bei Regierungsbeteiligung auch einbringen können, dazu gehört aber auch eine breite Akzeptanz für die Maßnahmen, die oft Veränderungen bedeuten und den Leuten auf den ersten Blick einiges zumuten können. Wir müssen klar machen, dass es eben kein Festhalten am Status Quo geben kann. Die Automobilbranche und deren Zulieferer zeigen das gerade ganz deutlich, was passiert, wenn man zu lange daran glaubt. Und dass es schon gar keinen Weg zurück in die Vergangenheit gibt.

„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ sagt schon ein altes chinesisches Sprichwort und zu wem passt das besser als zu uns, die wir mit BÜNDNIS 90 Mauern nieder gerissen haben und als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Windräder bauen.

Um die Deutungshoheit zurück zu gewinnen und auch die Mauern in so manchen Köpfen zum Bröckeln zu bringen, gehört es aber eben auch, gegen Desinformation zu kämpfen und – meine lieben Freundinnen und Freunde, dafür will ich mich einsetzen. Versteht mich nicht falsch, die Meinungsfreiheit in unserem Grundgesetz, Artikel 5, Absatz 1, ist ein hohes Gut. Ich habe die ersten zehn Jahre meines Lebens in der DDR gelebt und selbst aus meiner Kindheit kann ich mich noch daran erinnern, wie es ist, wenn es keine Meinungsfreiheit und keine Rechtsstaatlichkeit gibt. Wenn man aufpassen muss, wo und wem man etwas sagt, weil es sonst Konsequenzen für einen selbst oder sogar Familienmitglieder haben könnte. – Aber verdammt nochmal, Hass, Hetze und falsche Tatsachenbehauptungen sind eben keine Meinung. Deswegen müssen wir viel stärker gegen deren massenhafte Verbreitung vorgehen. Mit rechtsstaatlichen Mitteln, im Einklang mit dem europäischen Digital Services Act und Digital Market Act müssen wir die „sozialen Medien“ regulieren, denn deren Selbstregulierung ist krachend gescheitert.

Und diese europäische Handlungsfähigkeit müssen wir auch in andere Bereiche übertragen. Wir müssen eine digitale und technologische Souveränität erreichen. Denn was Nordstream für die Abhängigkeit von russischem Gas war, sind unsere Abhängigkeiten von den chinesischen Chip-Herstellern und US-amerikanischen Internetgiganten heute und – wenn wir nichts dagegen unternehmen – auch morgen. Wir schwächen uns selbst und machen uns für die Konflikte der Zukunft erneut erpressbar, egal ob diese Taiwan oder Strafzölle heißen. Und auch das ist eine Frage der Klimagerechtigkeit, denn es ist schon abstrus, wenn wir bei der Einhaltung der Klimaziele immer auf China schimpfen, aber gleichzeitig den Ausbau der Industrie dort, mit Kohleverstromung und unglaublichen Eingriffen in Natur und Umwelt billigend in Kauf nehmen, weil niedrigere Standards gelten und wir die Waren deswegen billiger bekommen. Deswegen müssen wir der Industrie auch hier sinnvolle Anreize bieten uns unabhängiger zu machen. Aber natürlich nicht nach dem Motto der Privatisierung von Gewinnen und Verstaatlichung von Verlusten.

Für die digitale Souveränität sollten wir anfangen, den Datenschutz als Chance zu begreifen und nicht als Problem. Datenschutz ist kein Selbstzweck, denn wie der Klimaschutz nicht das Klima schützt, sondern die Menschen, schützt der Datenschutz nicht die Daten sondern die Persönlichkeitsrechte der Menschen – Bürger*innen-Rechte. Natürlich brauchen wir hier eine Reform, denn ein föderaler Datenschutz hat keinen Platz in einem internationalen Wettbewerb und unterschiedliche Auslegungen innerhalb EU beschädigen die Wettbewerbsfähigkeit.

Aber wenn der Datenschutz, also der Schutz der Persönlichkeitsrechte von uns allen, denjenigen Firmen – völlig zurecht – den Markteintritt erschwert, die sich nicht an ihn halten, erleichtert er es eben andererseits denjenigen, die sich – unter höheren Aufwänden – an ihn halten, am Markt zu bestehen. Deswegen brauchen wir keine Lockerungen im Datenschutz sondern europäische Rechenzentren, die mit erneuerbaren Energien und ohne Atomkraft laufen, die effizient, sicher und eben sparsam mit persönlichen Daten sind statt Milliarden an Lizenzzahlungen an Microsoft und Co. auszugeben, das sich für ihre Rechenzentren das Atomkraftwerk Harrisburg wieder aufbauen lässt. Brauchen Open Source und Open Data als Gegenmodell zu proprietärer Technik und die ewige Festlegung auf einen einzelnen Zulieferer.

Und mit der sogenannten künstlichen Intelligenz rollt schon die nächste technologische Welle auf uns zu, die unbedingt von Anfang an begleitet werden muss. Weil sie einerseits so viele Chancen bietet und anderseits so viel Schaden anrichten kann. Die Tinte unter dem AI-Act der EU, der weltweit ersten umfassenden Regulierung von KI ! – war noch nicht trocken, da kamen schon die ersten Überwachungsphantasien von vollumfassender Datenerfassung und -auswertung. Denn „dann würde ja ein Computer entscheiden und alles wäre völlig neutral“. Doch genau das Gegenteil ist bei den generativen Modellen zur „künstlichen Intelligenz“ der Fall. Kaum ein klassischer Algorithmus ist so vorurteilsbelastet wir ein Modell der künstlichen Intelligenz. Denn es hat nicht von den Regeln des Heute und den Visionen der Zukunft gelernt, sondern von Mustern und Strukturen der Vergangenheit. Von offener und versteckter Diskriminierung, von Intoleranz, Homophobie, Frauenfeindlichkeit sowie von Verschwörungsmythen und Wissenschafts-Leugnern, die wie selbstverständlich unerkannt zusammen mit belegten Fakten in die Modelle einfließen können. Und die deren vermeintlichen neutralen Antworten auf komplexe Fragen beeinflussen können.

Nun gilt es, den AI Act in nationales Recht umzusetzen und liebe Freundinnen und Freunde, ich möchte nicht, dass dies geschieht unter Federführung unserer politischen Mitbewerber von der FDP „Digitalisierung First, Bedenken Second“, der CDU „Wir erstatten Strafanzeige gegen die Sicherheitsforscherin an, die gefunden hat, dass wir einen Fehler in unserer App haben“ oder von einer SPD die in der hessischen Opposition noch gegen die Überwachung mit Werkzeugen wie dem Staatstrojaner gewettert hat, nur um sie dann im Bundesinnenministerium als „Heilsbringer gegen alle Arten der Kriminalität“ zu verkaufen – sondern von uns GRÜNEN.

Daran würde ich gern mitarbeiten, dies würde ich gern zum Gemeinwohl aller begleiten und dafür bitte ich um eure Stimme!

Vielen Dank!